Olympiasieger auf Erholungsurlaub in der ehemaligen Heimat Herscheid

Auch wenn der ehemalige Herscheider Samir Suliman schon seit 1996 in Marburg lebt, kennen den 50-Jährigen spätestens seit Montagabend fast alle Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde: Das 3x3-Damen-Basketballnationalteam, das Suliman trainiert, erkämpfte sich an dem Abend olympisches Gold in Paris. Der Jubel aus seiner ehemaligen Heimat, in der er immer noch regelmäßig zu Besuch ist,  ließ nicht lange auf sich warten. Unzählige Glückwunsch-Kommentare folgten in den Sozialen Medien im Sekundentakt. Zu dieser grandiosen Leistung gratulierte ihm Bürgermeister Uwe Schmalenbach jetzt auch höchst persönlich und lud ihn ins Rathaus ein.

Nach der aufregenden Zeit in Paris suchte Suliman in diesen Tagen nach dem hochspannenden Finalspiel Erholung bei seiner Mutter Gudula in Herscheid. „Paris war laut und hektisch, das war wie ein Rausch – hier kann ich wieder ruhig schlafen“, berichtet Suliman dem Bürgermeister von der wohl aufregendsten Zeit seiner sportlichen Karriere. In der Siegessekunde habe er zwar direkt realisiert, dass sein Team gerade die goldene Medaille, die erste Goldmedaille im Basketball überhaupt, gewonnen habe. Was das für ihn und Marie Reichert, Elisa Mevius, Sonja Greinacher und Svenja Brunckhorst bedeutet, das „kommt jetzt so langsam nach und nach erst bei mir an“, äußert der Bundestrainer immer noch sichtlich gerührt von den Ereignissen der vergangenen Tage.

Dass er solch einen einzigartigen Moment jemals erleben wird, davon hat er am Anfang seiner Karriere sicherlich nicht zu träumen gewagt. Es kommt allerdings irgendwie doch immer anders, als man denkt, das hat Suliman am eigenen Leib erfahren dürfen.

Fußball beim TuS Herscheid und schwimmen bei der DLRG-Ortsgruppe – damit wuchs er auf. Viel mehr Sportangebote, die ihn als Kind interessierten, gab es damals in der Gemeinde nicht. Er fühlte sich immer wohl in der Ebbegemeinde, war in der Evangelischen Kirchengemeinde tätig und lebte im Lutherhaus, wo seine Mutter Gudula den benachbarten Kindergarten leitete.

Den Basketballsport entdeckte er „leider erst viel zu spät“, im Alter von 20 Jahren. In der Nachbarstadt Lüdenscheid warf er die ersten Körbe bei Rot-Weiß Lüdenscheid und parallel lernte er auch den Streetball (jetzt 3x3) kennen, dem er bis heute treu geblieben ist. Mit seinem Team, den „International Homies“, feierte er einen Erfolg nach dem anderen, sicherte sich sogar dreimal den Deutschen Meister-Titel.

Samir Suliman blieb dem 3x3 auch treu, nachdem er 1996 zum Medizinstudium nach Marburg umgezogen war. Neben dem Studium spielte er freizeitmäßig 3x3. Bis 2019, als Suliman schließlich als Bundestrainer durchstartete. „Es kam damals zu einem Wechsel beim Deutschen Basketballbund, blickt Samir Suliman zurück. Damit einher ging auch die Suche nach einem neuen Trainer für das weibliche U18-Team. Suliman sagte zu. Er setzte sich zum Ziel, das 3x3 erfolgreicher zu machen. 2017 hatte das Internationale Olympische Komitee verkündet, dass die Disziplin mit den Spielen in Tokio olympisch wird – damals qualifizierte sich Deutschland allerdings noch nicht. Das sollte sich unter dem Bundestrainer Suliman ändern. Und es änderte sich. 2019 kehrte Suliman mit seinem U18-Team als Vize-Europameister aus Tiflis zurück und auch nach der Coronapandemie bleib er mit seinen Jugendteams erfolgreich.

Im vergangenen Jahr übernahm der frühere Herscheider schließlich das 3x3-Damenteam. „Das Ziel war es, möglichst viele Weltranglistenpunkte für die Olympia-Qualifikation zu schaffen“, so Suliman. Nach der verpassten Qualifikation für Tokio sollte es diesmal gelingen. Im Mai 2024 stand fest: „Wir fahren nach Paris! Und das als absoluter Außenseiter!“, so Suliman. „Wir wollten die Großen ärgern und haben es tatsächlich geschafft“, lässt der Basketballcoach stolz die einzelnen Spiele Revue passieren. Das Team besiegte schließlich in einem dramatischen Finale Spanien mit 17:16 und gewann Gold. Es war die erste olympische Medaille für den deutschen Basketball. Ein Traum wurde war.

Bis heute ist Suliman neben dem Sport als Arzt beim Deutschen Roten Kreuz tätig und unterstützt bei verschiedenen Blutspende-Terminen. „Das ermöglicht mir, maximal flexibel zu sein und zwischen Sport und Dienst beim DRK zu wechseln“, so Suliman, der international viel reisen muss – so wie auch wieder in 2,5 Wochen. Dann geht es für das Team nach Wien, anschließend mit der U23- Mannschaft zur WM in die Mongolei – ein strammes Programm. Und wann bleibt Platz zum Feiern und Genießen? „Ich feiere innerlich. Wenn alle erschöpft und glücklich nach einem erfolgreichen Turnier sind, bin ich glücklich und das ist purer Genuss für mich“, so Suliman.

Die Erholung gibt’s dann zwischendurch in Marburg oder in Herscheid, wo er auf seine Mutter und Bekannte und Freunde trifft, so wie auf Bürgermeister Uwe Schmalenbach, den er schon aus Kinderzeiten kennt und der den Erholungsurlaub Sulimans in der Gemeinde dazu nutzte, um ihn ins Rathaus einzuladen, wo sich der Erfolgstrainer auch ins Goldene Buch der Gemeinde Herscheid eintragen durfte.

„Ich gratuliere Dir und dem Team zu diesem Medaillen-Märchen. Es hat viel Spaß gemacht, die Spiele im TV zu verfolgen“, so Uwe Schmalenbach.

Schmalenbach nutze die Gelegenheit, um mit Suliman sportliche Pläne für die Gemeinde zu entwickeln. Angefragt hat der Bürgermeister beim Bundestrainer einen 3x3-Workshop mit Jugendlichen oder jungen Erwachsenen auf dem Kleinspielfeld in den Dorfwiesen. „Durch diese Goldmedaille wird der 3x3-Basketball-Sport sicherlich eine größere Bedeutung erhalten“, blickt Schmalenbach verheißungsvoll in die Zukunft. Meistens kommt es schließlich ganz anders, als man eigentlich denkt…