Hauptauschuss: Flüchtlingssituation, Finanzlage und Breitbandausbau im Fokus

Im Rahmen der jüngsten Hauptausschusssitzung nutzte Bürgermeister Uwe Schmalenbach erneut die Gelegenheit, die Ausschussmitglieder und Zuhörer über die aktuelle Flüchtlingssituation in Herscheid zu informieren. Erst vor wenigen Tagen hatte der Städte- und Gemeindebund NRW mittels einer Pressemitteilung die angespannte Lage dargestellt. Auslöser war die Ankündigung der Landesregierung, dass in den kommenden Wochen verstärkte Zuweisungen anstehen. Auch einige Anwohner waren gekommen, um Fragen zu den anstehenden Zuweisungen und der Unterbringung der geflüchteten Menschen zu stellen, die Bürgermeister Schmalenbach ausführlich beantwortete.

Bislang standen in Herscheid grundsätzlich drei größere Gemeinschaftsunterkünfte zur Verfügung. Aufgrund der hohen Zuweisungszahlen und der ausgeschöpften Kapazitäten in diesen Häusern musste in den letzten Monaten aber bereits auf provisorische Lösungen, wie die ehemalige Grundschule, zurückgegriffen werden. Ein „Wohnen“, gerade mit Kindern, war hier aber nicht möglich. Da die Schaffung von Privatsphäre, gerade für die Kinder, Priorität hat, wurden aufgrund des angespannten Wohnungsmarkts in einem ersten Schritt Wohncontainer aufgestellt, die aber auch nur eine Übergangslösung darstellen.

Die Gemeinde Herscheid bereitet sich bereits seit Monaten vor, weiteren Wohnraum für Geflüchtete zu schaffen. In zahlreichen Aufrufen über die Presse und in den sozialen Medien wurde nach geeigneten dezentralen Unterbringungs­möglichkeiten für diese Menschen gefragt. Insbesondere große Wohnungen für Familien mit Kindern sind aber aktuell in Herscheid nicht zu finden. Auch die Wohnungsgesellschaften konnten bislang nur bedingt helfen. Ebenso wurden Wohnhäuser durch die Gemeinde angefragt, woraufhin zwei nebeneinander liegende Wohnhäuser in der Unterdorfstraße erworben werden konnten, die insgesamt voraussichtlich im Verlauf des Septembers in den Besitz der Gemeinde übergehen. Das Areal biete für die Gemeinde auch eine Perspektive zu einer anschließenden Weiterveräußerung oder Neubebauung. Sobald alle Voraussetzungen vorliegen, kann bereits eine erste Familie aus der Gemeinschaftsunterkunft kurzfristig umziehen.

Ziel ist es weiterhin, möglichst von Anfang an für die Geflüchteten mit einer Aufenthaltsperspektive Voraussetzungen für eine Integration in die Gesellschaft und eine eigenständige Lebensführung zu schaffen. Hierzu gehört eine eigene Wohnung als erster wichtiger Schritt neben der Aufnahme einer Arbeit. Eine Belegung von Turnhallen o. ä. ist daher weiterhin keine Option, wie Bürgermeister Schmalenbach noch einmal deutlich betonte. Aufgrund der geschaffenen Unterbringungsmöglichkeiten sieht sich die Gemeinde nun aber auch erst einmal ausreichend aufgestellt.

In Herscheid haben wir bislang eine gelebte Willkommenskultur, die das Miteinander erleichtert. Auch viele ehrenamtliche Bürgerinnen und Bürger engagieren sich, damit die Integration gelingt. Daher appellierte Bürgermeister Schmalenbach für Verständnis und Toleranz. Es sei für alle eine besondere Herausforderung, die nur gemeinsam gestemmt werden kann.

Finanzsituation

Kämmerin Sabine Plate-Ernst gab in der jüngsten Hauptausschusssitzung einen Überblick über die finanzielle Lage der Gemeinde. Die positive Nachricht verkündete sie vorab: Das laufende Jahr 2023 verliefe Stand jetzt soweit nach Plan. Bei den Steuereinnahmen seien keine Unregelmäßigkeiten festzustellen und auch das „Sommerloch“, das sich in den vergangenen Jahren gezeigt habe, sei in diesem Jahr ausgeblieben.

Im Hinblick auf die Ausgaben aus laufender Verwaltungstätigkeit seien bisher erst rund 10 Mio. Euro von geplanten 17 Mio. Euro ausgegeben worden. Bei den Investitionen wurden bisher erst rd. 50 Prozent ausgegeben. Aufgrund der derzeit laufenden Baumaßnahmen (beispielsweise der 3. Bauabschnitt des Bildungszentrums Rahlenberg) ist davon auszugehen, dass sich diese Zahlen noch bis Jahresende erhöhen werden.

Es ergibt sich aktuell ein Liquiditätsdefizit von ca. 5, 4 Millionen Euro, wie Plate-Ernst erklärte.

Insgesamt entwickelt sich der Haushalt planmäßig. Der Ausblick auf das Jahr 2024 fällt allerdings nicht gut aus: Der Krieg habe weiterhin Einfluss auf die Finanzentwicklung der Gemeinde. Hinzu kommen geplante Gesetze, z. B. das Wachstumschancengesetz, welche mit aufwachsenden Mindereinnahmen für Kommunen verbunden sind. Neben den Mindereinnahmen ist von höheren finanziellen Belastungen auszugehen.

Der Tarifabschluss im öffentlichen Dienst hat 2024 höhere Lohnzahlungen zur Folge. Außerdem müsse die Gemeinde voraussichtlich noch einmal Geld für den Breitbandausbau in die Hand nehmen, der laut Plate-Ernst „zwingend erforderlich“ sei. Neben steigenden Energiekosten werden sich auch die Aufwendungen sowohl für die allgemeine als auch die differenzierte Kreisumlage deutlich erhöhen. Ein weiterer Schlag für die Gemeindekasse und eine „große Belastung“.

Breitbandausbau

Das schnelle Internet in der Gemeinde stand ebenfalls in der jüngsten Sitzung des Hauptausschusses auf dem Plan. Aktuell läuft der sogenannte 6. Call des geförderten Programms durch den Bund, bei dem 155 weitere Adressen nach dem 3. Call (1.321 Adressen) ans Netz angeschlossen wurden.

Im Rahmen der Gigabitstrategie hat die Bundesregierung das Ziel formuliert, bis zum Jahr 2030 eine flächendeckende, hochleistungsfähige, ökologisch nachhaltige und sichere digitale Infrastruktur auszubauen. Der Ausbau liegt vorwiegend in der Hand der Telekommunikationsunternehmen. Wo dieser nicht erfolgt, wird die Bundesregierung den Ausbau weiter fördern. Die Gemeinde Herscheid hat auch in der Vergangenheit durch die Nutzung von Fördermaßnahmen den Glasfaserausbau vorangetrieben und auch der Eigenausbau schreitet voran.

Trotz aller Bemühungen werden weiterhin eine gewisse Anzahl an Adressen im Gemeindegebiet nicht mit Glasfaseranschlüssen versorgt. Dies gilt besonders für Randlagen, Einzeladressen und kleinere Ortschaften sowie den Ortsteil Hüinghausen, wo kein Netzbetreiber Interesse an einem Eigenausbau hat. 401 sogenannte „graue Flecken“ wurden in Herscheid ausfindig gemacht. Dabei handelt es sich um Adressen, die noch nicht über einen modernen Glasfaseranschluss verfügen oder bei denen die Geschwindigkeit der Verbindung trotz Anschluss nur sehr langsam ist.

Rund 300 dieser Adressen befinden sich in Hüinghausen, da der Ortsteil bereits im Jahr 2012 durch ein sogenanntes „Vectoring-Verfahren“ angeschlossen wurde. In der Ortsmitte von Herscheid sind auch  noch einige Adressen übrig.

Die Gemeinde soll Fördermittel für den weiteren Breitbandausbau im Rahmen der neuen Förderrichtlinie zur Beseitigung sogenannter „Grauer Flecken“ (Gigabit-Richtlinie des Bundes 2.0) beantragen. Das Votum des Hauptausschusses mit der entsprechenden Empfehlung an den Rat, der am 18. September tagt, fiel einstimmig aus. Bei pauschal 9000 Euro pro Anschluss, würde die Wirtschaftlichkeitslücke bei 3,61 Millionen Euro liegen und der 20-prozentige Eigenanteil der Gemeinde bei 721 800 Euro. Die Gemeinde soll mit dem noch ausstehenden Ratsbeschluss dann die für die Erbringung ihres Eigenanteils notwendigen Mittel für das neue Förderprogramm des Bundes im Haushaltsplan 2025 bereitstellen.